Prof. Dr. Ahmad Milad Karimi
- Stellvertretender Leiter des ZIT
- Professor für Kalām, Islamische Philosophie und Mystik
Prof. Dr. Mouhanad Khorchide
- Leiter des Zentrums für Islamische Theologie
- Professor für Islamische Religionspädagogik
Warum brauchen wir die Islamische Theologie in Deutschland?
„Die Islamische Theologie als akademisches Fach an der Universität ermöglicht die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Islam entsprechend wissenschaftlichen Standards. Dies bedeutet unter anderem: a) Die Geschichte und Gegenwart des Islams sowie die Quellen des Islams, vor allem den Koran und die Sunna des Propheten, mittels wissenschaftlicher Methoden zu erforschen; b) Zeitgemäße Antworten auf heutige Fragen an den Islam zu suchen und somit den Lebensbezug der Religion herzustellen; c) Den interreligiösen akademischen Austausch zu fördern; d) Theologische Grundlagen zu schaffen, um Imame, Sozialarbeiter*innen, Seelsorger*innen, Pädagog*innen und Religionslehrer*innen auszubilden. Anders als die Islamwissenschaft beschäftigt sich die Islamische Theologie mit dem Islam aus einer Bekenntnisperspektive, das heißt hier rücken die Glaubenssätze der Muslim*innen sowie deren religiösen Fragen in den Mittelpunkt des neuen Faches, das herausgefordert wird, zeitgemäße normative Antworten zu ermöglichen.“
„Es ist notwendig, dass Muslim*innen, die schon lange Teil dieser demokratischen und pluralen Gesellschaft sind, selbst über ihre Religion nachdenken, die Inhalte und Bestimmungen ihrer religiösen Traditionen verstehen und zur Verständigung bringen, kurz: klären und aufklären, warum sie glauben, was sie glauben. Dass die Islamische Theologie Teil der akademischen Landschaft der Universitäten geworden ist, würdigt auch die Lebensrealität der Muslim*innen in Deutschland. Damit übernehmen die Muslim*innen Verantwortung für ihren gelebten Glauben und zeigen auf, wie unterschiedlich und mehrdeutig ihre Theologietradition ist. Das ist eine sehr reizvolle und bewegende Arbeit.“
Gibt es insbesondere im Bereich der Islamischen Theologie Bedarf an wissenschaftlichem Nachwuchs?
„Das Fach Islamische Theologie ist eines der jüngsten akademischen Fächer in Deutschland und befindet sich noch in der Aufbauphase. Das heißt, es werden zurzeit viele junge Wissenschaftler*innen gesucht, die an diesem Aufbau sowie an der Etablierung des Faches arbeiten. Der Bedarf an wissenschaftlichem Nachwuchs ist daher enorm hoch. Für uns am ZIT Münster ist es wichtig, dass immer mehr weibliche Wissenschaftlerinnen den Islam erforschen, um patriarchalische Strukturen innerhalb der islamischen Theologie aufzubrechen.“
„Ja, unbedingt. Es ist bewegend, jungen, interessierten und talentierten Nachwuchs bereits während des Studiums zu entdecken und sie zu fördern. Wissenschaftlicher Nachwuchs stellt eine bedeutende Voraussetzung dar, um mit gut qualifizierten Wissenschaftler*innen die Zukunft der Theologie innovativ und nachhaltig zu sichern.“
Wie beurteilen Sie die Berufschancen von islamischen Theolog*innen auf dem Arbeitsmarkt?
„Gerade die Nachfrage nach Lehrer*innen für den Islamischen Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ist enorm hoch. Deshalb haben gerade diejenigen, die Islamische Religionslehre (Lehramt) studieren beste Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Aber auch für Absolvent*innen der Islamischen Theologie öffnen sich immer mehr Chancen und Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt, vor allem in den Bereichen Sozialarbeit, Seelsorge, Beratung, Politik, Wissenschaft, interreligiöser Austausch. Die Nachfrage in diesen Bereichen und somit die Berufschancen sind zurzeit sehr hoch.“
„Wir fördern insbesondere unterschiedliche Kompetenzen innerhalb des Studiums, die eine ganze Bandbreite an Möglichkeiten für die Absolvierenden der Islamischen Theologie eröffnen. Theologische Kompetenzen sind in vielen Bereichen der Gesellschaft gefragt, ob in der Sozialarbeit, der Seelsorge, der Gemeindearbeit, der Universität, der Politik, den Stiftungen oder dem Verlagswesen.“
Welchen Rat möchten Sie Studieninteressierten mitgeben?
„Ich würde Studieninteressierte ermutigen, sich am Aufbau dieses neuen und spannenden Faches zu beteiligen und sich mit viel Mut, mit neuen Fragen und Ideen sowie mit neuen Perspektiven einzubringen. Die Islamische Theologie als Wissenschaft ist ein vielversprechendes Fach, aber nur dann, wenn es junge Interessierte gibt, die sich aktiv und kreativ einbringen.“
„Es ist ein besonderer Genuss, sich professionell und qualifiziert mit seiner Religion zu beschäftigen, die religiösen und traditionellen Quellen selbst zu lesen, sie zu interpretieren, islamische Kultursprachen zu erlernen, religiöses Denken zu verstehen. Die Vertiefungen verwandeln unser Selbstbild, intensivieren unseren Bezug zur Religion und eröffnen ein kritisches Bewusstsein. Wer sich dafür begeistern kann, findet in der Islamischen Theologie einen anregenden Ort.“